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Verfasst von: Desitin Redaktionsteam

Parkinson Ursachen

Ursachen von Parkinson sind noch nicht abschließend geklärt

Bis heute gibt es für die Parkinson-Erkrankung keine einheitliche konkrete Ursache, die ausgemacht werden konnte. Grundlegend besteht auch die Möglichkeit, dass es mehrere Auslöser gibt. Eine der bekanntesten Krankheitsursachen ist das Absterben von Dopamin-produzierenden Nervenzellen (Neuronen) im Hirnstamm (der Substantia nigra).

Abbildung 1: Verbindungsbereich zweier Nervenzellen im Gehirn mit ausreichend Botenstoff Dopamin bei einem gesunden Menschen (oben) sowie Dopamin-Mangel bei einem Parkinson-Kranken (unten, schematische Darstellung).
Abbildung 2: Durch einen hohen Gehalt an Eisen und Melanin erscheint die „Substantia nigra“ (schwarze Substanz) bei einem gesunden Menschen dunkel (links). Rechts die aufgrund des Zellsterbens abgeblasste „schwarze Substanz“ eines Parkinson-Kranken.
Quelle: Mehrain, Institut für Neuropathologie, LMU München.

Zum Hintergrund: Nervenzellen im Gehirn kommunizieren über unterschiedliche chemische Botenstoffe (Neurotransmitter) miteinander. Auf diese Weise können sie u. a. Bewegungsabläufe steuern. Gerade die Botenstoffe Dopamin, Acetylcholin und Glutamat spielen hierbei eine entscheidende Rolle, da sie Muskelbewegungen je nach Bedarf aktivieren oder hemmen können.

Bei der Parkinson-Erkrankung kommt es zum Absterben von speziellen Neuronen, die für die Herstellung von Dopamin zuständig sind. Diese befinden sich in einer bestimmten Region des Gehirns, die aufgrund ihrer dunklen Farbe „Schwarze Substanz“ (Latein: Substantia nigra) genannt wird.

Warum diese Nervenzellen sterben, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Haben sich die Dopamin-Neuronen um rund 60–70 % reduziert, gerät das empfindliche Gleichgewicht der Botenstoffe aus den Fugen und der Körper kann diesen Verlust nicht mehr ausgleichen. Durch den Dopamin-Mangel und den gleichzeitigen Acetylcholin- und Glutamat-Überschuss kommt es zu Einschränkungen in der Kommunikation der Neuronen. Dies führt letztendlich zu den ersten Symptomen des Morbus Parkinson, wie Zittern, Muskelsteifigkeit und Bewegungsverlangsamung. Dieser Prozess, vom Zellsterben bis hin zu den Symptomen, kann bis zu 12 Jahre dauern. Später bewegen sich Patientinnen und Patienten dann immer langsamer (Bradykinese) oder auch nahezu überhaupt nicht mehr (Akinese / akinetische Krise). Zudem können zahlreiche nicht-motorische Symptome, bis hin zur Parkinson-Demenz auftreten.

Weitere Informationen zu Parkinson-Symptomen

Vielfältige Symptome bei Morbus Parkinson

Parkinson hat viele Symptome. Die meisten Menschen verbinden mit der Krankheit vor allem das typische Zittern. Aber im Frühstadium zeigt sich Morbus Parkinson oft nur durch subtile erste Anzeichen für gestörte Bewegungsabläufe. Außerdem müssen nicht alle Frühsymptome die Motorik betreffen.

Auslöser & Trigger des Zellsterbens bei Parkinson

Die Parkinson-Erkrankung der meisten Patientinnen und Patienten ist nicht genetisch bedingt, sondern tritt aus zunächst unbekannten Gründen auf. Rein erbliche Formen machen nur etwa 5-10 % aus. Es gibt allerdings genetische Faktoren, die zum Krankheitsausbruch beitragen können. Träger von bestimmten Parkinson-Genen sind für die Erforschung von krankheitsverhindernden Therapien sehr wichtig.

Eines der identifizierten „Parkinson-Gene“ (PARK1) ist für die Herstellung von Alpha-Synuclein verantwortlich. Das Protein reguliert u. a. die Dopamin-Ausschüttung. Liegt z. B. eine Genmutation vor, ist auch das Alpha-Synuclein defekt. Das „unbrauchbare“ Protein lagert sich als sogenannte „Lewy-Körperchen” in den Zellen ab, wodurch diese nicht mehr richtig arbeiten können und schließlich absterben. Es kommt zum Dopamin-Mangel und den motorischen Symptomen.

Gehirnforschung im Darm: Eine gestörte Darmflora könnte eine weitere Ursache der Parkinson-Erkrankung sein. Schon länger ist bekannt, dass beide Organe über die „Darm-Hirn-Achse“ miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Bei Betroffenen finden sich in der Darmflora vermehrt Bakterien, die Entzündungen verursachen. Zudem haben sie oft eine durchlässigere Darmschleimhaut, was zusätzlich das Risiko für eine Darmentzündung erhöht. Auch das bereits bekannte Alpha-Synuclein, das eine Schlüsselrolle bei der Krankheitsentstehung einnimmt, wurde im Darm und im Nervus vagus (Verbindung zwischen Gehirn und Darm) nachgewiesen. Möglicherweise wird das Protein im Darm durch Toxine und Bakterien gestört. So wird auch verständlich, warum Parkinson-Patientinnen und Patienten häufig unter Verstopfungen leiden. Über die Darm-Hirn-Achse gelangt das „defekte” Alpha-Synuclein ins Gehirn.

Darüber hinaus vermuten Experten schon lange, dass die Parkinson-Erkrankung zumindest zum Teil eine Autoimmunerkrankung sein könnte. Auch in diesem Szenario spielt Alpha-Synuclein eine Rolle. Bei Parkinson-Patientinnen und Patienten greifen die Abwehrzellen (T-Zellen) das Protein an, da das Immunsystem es fälschlicherweise als schädlichen Eindringling identifiziert. Ob dieser Vorgang der Auslöser für die Erkrankung ist oder „nur” die Symptome verschlimmert ist noch ungewiss.

Wie so viele Krankheiten könnte auch Parkinson auf oxidativen Stress zurückzuführen sein. Hierbei entsteht ein Ungleichgewicht aus Oxidantien und Antioxidantien, wodurch vermehrt und unkontrolliert toxische, sauerstoffhaltige Moleküle produziert werden. Diese greifen Mitochondrien (Energieversorgung der Zellen) und Lysosomen (Abbau von Stoffen) an, die überlebenswichtig für die Zellen sind. In der Folge kommt es wieder zum Zelluntergang. Gerade Dopamin-produzierende Nervenzellen stehen im Verdacht, besonders empfindlich auf oxidativen Stress zu reagieren. Ursachen für das Ungleichgewicht können beispielsweise genetische Mutationen, Umweltbelastungen oder einfach der Alterungsprozess des Menschen sein.

Die Parkinson-Symptome können auch durch bestimmte Medikamente oder andere Erkrankungen, wie z. B. Durchblutungsstörungen oder Verletzungen des Gehirns, ausgelöst werden. Zu den weiteren diskutierten Ursachen gehört die verstärkte Belastung mit Umweltgiften, zu denen allen voran Schwermetalle und Pestizide zählen.

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Entsteht Parkinson im Darm?

Für Aufsehen sorgte zuletzt die Untermauerung der Vermutung, dass der Verdauungstrakt eine große Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielt.

Die Aszensionshypothese, die von deutschen Neurologinnen und Neurologen entwickelt wurde, besagt, dass Parkinson zumindest teilweise im Verdauungstrakt beginnt und sich über Nervenbahnen ins Gehirn ausbreitet. Der Begriff "Aszension" bezieht sich in der Medizin auf das Aufsteigen einer anatomischen Struktur, eines Mikroorganismus oder einer Erkrankung. Das bedeutet, dass bei Parkinson eine Krankheit oder ein Mikroorganismus von einem Körperteil zu einem anderen aufsteigt. Diese Hypothese wurde von schwedischen Forschern bestätigt, die den Zusammenhang zwischen Darm und Gehirn bei Parkinson erforschten. Dabei spielen Ablagerungen von Alpha-Synuklein eine Schlüsselrolle.

Brain first oder body first?

Die Frühsymptome lassen außerdem einen Rückschluss auf die Hypothese zum sog. brain first type und body first type zu. Beim brain first type breitet sich die Degeneration der Nervenzellen in bestimmten Hirnregionen aus, bis sie schließlich auf andere Regionen des Gehirns und den Körper übergreift. Hier stehen Frühwarnzeichen wie Depressionen, veränderte Geruchswahrnehmung und Sehstörungen im Fokus. Beim body first type beginnt die Entwicklung im Darm. Hier stehen unspezifische Frühsymptome wie Verstopfungen und später Schlafstörungen im Fokus.

Alpha-Synuklein ist ein fehlgefaltetes Eiweißmolekül, das sich bei der Erkrankung typischerweise in den erkrankten Gehirnzellen ablagert. Die Ablagerungen entstehen aber auch im Nervensystem des Magens und des Darms, möglicherweise durch den Einfluss von Umweltgiften. Von dort können sie über den Vagusnerv ins Gehirn „klettern“. Ältere Untersuchungen an Mäusen zeigten bereits, dass Parkinson verlangsamt werden kann, wenn der Vagusnerv gekappt wird.

Nun bestätigt eine neue Studie von schwedischen Forschern, die in der Fachzeitschrift „Neurology“ veröffentlicht wurde, diese These.1 Sie zeigt, dass eine Vagotomie, bei der der Vagusnerv ganz oder teilweise getrennt wird, das Parkinson-Risiko senken kann. Die Vagotomie wurde früher oft zur Behandlung von Magengeschwüren angewendet, um die Produktion von Magensäure zu blockieren. Die Forscher verglichen die Häufigkeit von Parkinson-Erkrankungen unter Betroffenen, deren Vagusnerv ganz oder teilweise getrennt worden war, mit einer Kontrollgruppe aus der Bevölkerung.

Die Studie zeigt, dass das Parkinson-Risiko nach einer vollständigen Vagotomie um 22 % geringer war als in der Kontrollgruppe.1 Wenn der Eingriff bereits mindestens fünf Jahre zurücklag, war das Risiko sogar um 41 % geringer. Eine ähnliche Studie wurde auch von einer dänischen Arbeitsgruppe durchgeführt, die sämtliche Vagotomien im Land zwischen 1977 und 1995 ausgewertet hatte. Die Ergebnisse zeigen, dass die Aszensionshypothese möglicherweise ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Parkinson ist und dass die Vagotomie eine vielversprechende Behandlungsoption für Parkinson-Patientinnen und Patienten sein könnte.

Unterschiede zwischen dem idiopathischen, sekundären und atypischen Parkinson-Syndrom

Prominente Patientinnen und Patienten, wie zuletzt Ottfried Fischer, haben dafür gesorgt, dass fast jeder schon von der Krankheit „Morbus Parkinson“ gehört hat. Was nicht alle wissen, ist die Tatsache, dass es sehr unterschiedliche Ursachen für eine Parkinson-Erkrankung gibt.

Man unterscheidet den Morbus Parkinson (=Parkinson-Krankheit), auch primäres oder idiopathisches Parkinson-Syndrom genannt, von den sekundären oder symptomatischen Parkinson-Syndromen (also den Parkinson-Symptomen als Folge einer anderen Erkrankung), sowie von dem atypischen Parkinson.

Bei der eigentlichen Parkinson-Krankheit, also dem primären oder idiopathischen Parkinson-Syndrom, beruhen die Symptome wie Rigor, Tremor, Akinese und Bradykinese, sowie andere typische motorische und nicht-motorische Parkinson-Symptome immer auf dem beschriebenen Absterben der dopaminproduzierenden Gehirnzellen.

Demgegenüber bedeutet der Begriff Parkinson-Syndrom "nur", dass der Patient für Parkinson typische Symptome zeigt (z. B. einen Tremor oder langsames, kleinschrittiges Gehen), ohne dass damit etwas über die Ursache dieser Symptome ausgesagt wird. Die Symptome werden also nicht zwingend durch einen Dopaminmangel ausgelöst, wie beim idiopathischen Parkinson-Syndrom.

Diese Unterscheidung ist wichtig, da bei anderen Parkinson-Syndromen die klassischen Medikamente wie Levodopa meistens nicht oder nur unzureichend wirken.

Die Ursache der Parkinson-Krankheit ist nach wie vor nicht bekannt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein unglückliches Zusammenspiel von genetischen (erblichen) Besonderheiten, Umweltfaktoren und Alter letztendlich den krankmachenden Prozess im Körper eines Betroffenen auslöst.

Aus diesem Grund bezeichnet man diese primäre Form des Parkinson-Syndroms auch als „idiopathisch“ – das heißt, ohne fassbare Ursache. Ein Großteil aller Patientinnen und Patienten leidet unter diesem Parkinson.

Bei 10 – 20 Prozent der Betroffenen handelt es sich jedoch um sekundäre oder symptomatische Parkinson-Syndrome.

Diese lassen sich bekannten Auslösemechanismen zuordnen, zum Beispiel genetischen Schäden, Vergiftungen, Entzündungen, Kopfverletzungen, Durchblutungsstörungen oder Medikamenten.

Parkinson: Unterschiede im Überblick

Parkinson-TypSymptomeUrsachenBehandlung
Idiopathisches ParkinsonsyndromMuskelsteifheit, Zittern, Bewegungsarmut, Balanceprobleme, Verlangsamung der BewegungenUrsache unbekanntDopamin-Ersatztherapie, Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Psychologie
Atypisches ParkinsonsyndromSymptome wie beim idiopathischen Parkinsonsyndrom, zusätzliche Symptome wie Halluzinationen, Atemprobleme, Blutdruckabfall, SchlafstörungenLewy-Körper-Demenz, Multisytematrophie oder Progressive supranukleäre Blickparese

Krankheitsverlauf häufig kürzer, Verschlechterungen treten schneller ein, weitere Beschwerden können hinzukommen, Prognose schlechter als beim idiopathischen Parkinsonsyndrom
Behandlung der spezifischen Erkrankung,
Sekundäres ParkinsonsyndromSymptome wie beim idiopathischen ParkinsonsyndromMedikamente, Schadstoffe oder Verletzungen des GehirnsEntscheidend ist die Behandlung der identifizierten Auslöser / Ursachen
Genetisch bedingtes ParkinsonsyndromSymptome wie beim idiopathischen Parkinsonsyndrom, tritt gehäuft bei jung Erkrankten aufGenetische VeränderungenDopamin-Ersatztherapie, Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Psychologie

Wie kann ein Parkinson-Syndrom entstehen?

Durch Medikamente ausgelöstes Parkinson-Syndrom

Ursache sind meist sogenannte Neuroleptika (Psychopharmaka). Die Symptome sind sehr ähnlich wie bei der Parkinson-Krankheit, verschwinden aber nach Absetzen der auslösenden Medikamente wieder.

Durch verminderte Hirndurchblutung ausgelöstes Parkinson-Syndrom

Betroffene sprechen meist nicht auf Parkinson-Medikamente an. Oft ist das Gehen stärker gestört als andere Funktionen. Häufige Begleitsymptome sind vermehrter Harndrang und Störungen der Hirnleistungen.

Multisystem-Atrophie (Abbau von Nervenzellen in verschiedenen Gehirnregionen)

Diese Form von Parkinson-Syndrom ist aufgrund der Ähnlichkeit mit der Parkinson-Krankheit auch für Neurologinnen und Neurologen (Nervenärzt*innen) manchmal schwer zu erkennen. Eine bildgebende Untersuchung zur Diagnosesicherung kann hilfreich sein.

Typisch für die Multisystem-Atrophie sind fehlendes Ansprechen auf Medikamente und ein rasches Fortschreiten der Behinderung.

Essenzieller Tremor

Diese Krankheit ist die häufigste Ursache für Zittern (Tremor). Im Unterschied zur Parkinson-Krankheit besteht beim essenziellen Tremor in der Regel kein Zittern bei entspannten Gliedmaßen. Auch die anderen typischen Symptome der Parkinson-Krankheit fehlen. Vererbung kommt beim essenziellen Tremor häufig vor.

Morbus Parkinson (auch primäres oder idiopathisches Parkinson-Syndrom):

  • keine klar zu identifizierende Ursache für das Absterben der Dopamin-produzierenden Zellen
  • Symptome entstehen immer durch Dopaminmangel
  • häufigste Form der Parkinson-Erkrankung

Sekundäres Parkinson-Syndrom:

  • eindeutig zu identifizierende Ursachen
  • Kann durch Medikamente ausgelöst werden, z.B. Lithium, Valproinsäure, Kalziumantagonisten oder Neuroleptika
  • Auch Krankheiten können zu Parkinson-Symptomen, also einem sekundären bzw. symptomatischen Parkinson-Syndrom führen, z.B. Morbus Wilson, Hirntumore, eine Unterfunktion der Nebenschilddrüse oder Entzündungsvorgänge im Gehirn
  • Weitere mögliche Ursachen: Verletzungen des Gehirns, als Folge einer Kopfverletzung, oder Vergiftungen, z.B. mit Mangan oder Kohlenmonoxid

Atypisches Parkinson-Syndrom:

  • beim atypischen Parkinson-Syndrom sterben ebenfalls Hirnzellen ab, die Dopamin produzieren. Allerdings als Folge verschiedener neurodegenerativer Erkrankungen, sodass nicht nur Neuronen in der Substantia nigra betroffen sind, sondern auch in anderen Hirnregionen. Beim atypischen Parkinson-Syndrom treten also nicht nur dieselben Symptome wie beim idiopathischen Parkinson-Syndrom auf, sondern auch weitere Beschwerden.
  • Die Prognose ist deutlich schlechter als beim idiopathischen Parkinson-Syndrom.
  • Typische Parkinson-Medikamente, die bei Morbus Parkinson helfen, wirken beim atypischen Parkinson-Syndrom meist sehr wenig oder sogar überhaupt nicht.
  • Mögliche Ursachen: Lewy-Körperchen-Demenz, MSA oder die kortikobasale Degeneration

Alpha-Synuclein oder PARK2?

Während einige Studien und Veröffentlichungen sich auf die Rolle des Verdauungstrakts und die Wanderung der Alpha-Synuclein-Ablagerungen über den Vagusnerv ins Gehirn konzentrieren, führen die Erkenntnisse eines Forscherteams der Universität Basel zu neuen Fragen.

Bisher dachten Wissenschaftler, dass ein Protein namens Alpha-Synuclein eine Rolle bei der Auslösung von Parkinson spielt. Dieses Protein kann sich zusammenklumpen und sich in den Nervenzellen ansammeln, was zu sogenannten Lewy-Körperchen führt. Man denkt, dass diese Klumpen aus Proteinfasern toxisch sind und die Gehirnzellen schädigen.

Aber eine neue Studie unter der Leitung von Prof. Henning Stahlberg und seinem Team an der Universität Basel hat diese Idee in Frage gestellt. Sie konnten eine Alpha-Synuclein-Faser künstlich im Labor erzeugen und sie in sehr feiner Detailgenauigkeit beobachten. Die überraschenden Ergebnisse haben jedoch mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gebracht.

Bei einigen erblichen Formen der Parkinson-Krankheit haben die Menschen genetische Defekte im Alpha-Synuclein-Gen. Es wird angenommen, dass diese Defekte dazu führen, dass das Protein sich falsch faltet und zu schädlichen Fasern zusammenklumpt. Aber laut Prof. Stahlberg wäre die von ihnen beobachtete 3D-Struktur mit einem solchen mutierten Protein nicht möglich. Er sagte, dass die meisten dieser Mutationen die Bildung der von ihnen gefundenen Faserstruktur tatsächlich behindern würden.

Mit einfacheren Worten, wenn diese spezifische Struktur von Proteinfasern Parkinson verursachen würde, sollte der Gendefekt vor der Krankheit schützen. Das tut er aber nicht. Es könnte sein, dass eine andere Form von Proteinfasern oder eine andere Version des Proteins die Krankheit bei diesen Patienten auslöst.

Diese Studie wirft neue Fragen auf, die beantwortet werden müssen: Welche Auswirkungen haben die Mutationen im Alpha-Synuclein-Gen? Bilden sich andere Formen von Proteinklumpen? Welche Rolle spielen die Fasern für die Nervenzellen und warum sterben die Nervenzellen letztendlich? Die genaue Funktion von Alpha-Synuclein ist immer noch unklar. Da die aktuellen Medikamente nur die Symptome lindern, besteht dringender Bedarf an neuen Konzepten. Dennoch hat die Studie so wichtige neue Einsichten in die Entstehung von Parkinson gewonnen.2

Weiterhin benötigen dopaminproduzierende Nervenzellen viel Energie und diese wird vor allem durch die Mitochondrien bereitgestellt, welche diese wiederum aus einem komplexen Protein-Netzwerk gewinnen.

Parkin ist ein solches Protein, das für die korrekte Funktion der Mitochondrien unverzichtbar ist. Bei einigen Parkinson-Patientinnen und Patienten wurde eine Veränderung des Parkin-Proteins nachgewiesen, was darauf hindeutet, dass es eine Rolle bei der Entstehung der Krankheit spielt. Denn Parkin und ein Rezeptor namens Ret/GDNF stimulieren die Mitochondrien und können einander bei der Arbeit unterstützen. Liegt ein Defekt in diesen Proteinen vor, könnte das zur Entstehung von Parkinson beitragen.3 Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht vor allem das Protein PARK2.4

Können Medikamente Parkinson verursachen?

Wie ist es möglich, dass Medikamente die typischen Parkinson-Erscheinungen wie Bewegungsverlangsamung, Muskelversteifung, Zittern oder Gleichgewichtsstörungen auslösen können? Bei der normalen Parkinson-Krankheit kommt es zu einem Untergang von bestimmten Hirnzellen, welche normalerweise den wichtigen Botenstoff Dopamin für die Steuerung unserer Bewegungsabläufe produzieren. Diese Zellen liegen im Mittelhirn in einer Region, welche „schwarze Substanz“ (Substantia nigra) genannt wird, da sie eine dunkle Färbung aufweist. Normalerweise wird dieses Dopamin nun aus der schwarzen Substanz in ein höher gelegenes Hirnzentrum weitergeleitet, welches als Schaltzentrale für einen harmonischen Ablauf der Bewegung sorgt, die sogenannten Basalganglien oder auch Stammganglien. Um das Dopamin aufnehmen zu können, verfügen diese Zellen über Andockstellen für solche Botenstoffe, Rezeptoren genannt. Bei der Parkinson-Krankheit gibt es genügend aktive und gesunde Rezeptoren in den Stammganglien, aber zu wenig Dopamin. In der Folge kommt es zu den oben genannten motorischen Störungen. Es gibt aber auch Substanzen, die diese Rezeptoren besetzen, so dass das vorhandene Dopamin nicht mehr andocken kann – dazu gehören auch bestimmte Medikamente.

Alle Medikamente, welche an den Dopamin-Rezeptoren andocken und diese somit für die Aufnahme von Dopamin blockieren, können (müssen aber nicht) Parkinson-Symptome auslösen und werden auch als Dopamin-Blocker oder Dopamin-Gegenspieler (Dopamin-Antagonisten) bezeichnet.

Es ist zwar genügend Dopamin vorhanden, dieses kann aber von den bereits mit den Dopamin-Blockern belegten Rezeptoren nur eingeschränkt aufgenommen werden. In der Folge kommt es nun auch zu einem Mangel an dopaminerger (=dopamingesteuerter) Aktivität im Gehirn mit ähnlichen Symptomen, die auch bei einer Parkinson-Krankheit auftreten können. Liegt bereits eine Parkinson-Krankheit vor, so können diese Medikamente zu einer deutlichen Verschlechterung der Symptomatik führen. Die Einnahme dieser Medikamente ist aus diesem Grund für Parkinson-Patientinnen und Patienten nicht zu empfehlen.

Welche Medikamente blockieren die Aufnahme von Dopamin im Gehirn?

Die häufigsten Dopamin-Blocker im Gehirn sind sogenannte Antipsychotika, auch Neuroleptika genannt. Es handelt sich dabei um Medikamente, welche in der Therapie von Psychosen (bestimmte psychische Störungen) und gegen starke Übelkeit eingesetzt werden. Als Ursache von Psychosen wird unter anderem ein Dopamin-Überangebot im Gehirn angenommen, so dass man mit der Therapie mit Antipsychotika die Aufnahme von Dopamin bewusst blockiert. Es gibt jedoch noch eine Reihe anderer Medikamente, die in Frage kommen. Besonders erwähnenswert ist ein Magenmittel mit dem Wirkstoff Metoclopramid (MCP), welches von Hausärzten sehr häufig gegen Magen-Darm-Beschwerden verordnet wird, und die sogenannte „Aufbauspritze“ mit dem Wirkstoff Fluspirilen. Sie wurde häufig gegen innere Unruhe und Angstzustände und bei Erschöpfung angeboten.5

Medikamente, welche Parkinson-Symptome auslösen oder verschlechtern können (aber nicht müssen!):

  • Mittel gegen Psychosen z.B. Haloperidol, Perphenazin, Fluspirilen
  • Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen z.B. Metoclopramid (MCP)
  • Mittel gegen Schwindel z.B. Sulpirid
  • zentral wirksame Mittel gegen hohen Blutdruck z.B. Reserpin
  • Kalzium-Kanalblocker z.B. Flunarizin, Cinnarizin
  • Mittel zur Stimmungsstabilisierung z.B. Lithium
  • Mittel gegen Epilepsie z.B. Valproat
  • Schmerzmittel z.B. Indometacin
  • Antibiotika z.B. Aminoglykoside
  • Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) der ersten Generation z.B. Fluvoxamin
  • Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen z.B. Amiodaron

Was kann nach Einnahme solcher Medikamente passieren?

Da die Dopamin-Rezeptoren im Gehirn durch diese Medikamente nicht zerstört, sondern nur blockiert werden, klingt die Parkinson-Symptomatik nach dem Absetzen der Medikamente vollständig ab. Dies kann jedoch bis zu sechs Monate dauern. Trägt der Betroffene eine Parkinson-Krankheit bereits in sich, weiß es jedoch noch nicht, so kann diese Krankheit vorzeitig ausbrechen. In diesem Fall würde man von einer „Demaskierung“ einer bis dahin noch verborgenen Parkinson-Krankheit sprechen. Hier gibt es keine Rückbildung der Symptome, die Krankheit ist nun sichtbar und entwickelt sich wie eine normale primäre Parkinson-Erkrankung. Derartige Verläufe werden häufig von Patientinnen und Patienten nach Operationen (Narkose mit Neuroleptika-Zusatz) berichtet.

Wer ist besonders gefährdet?

Frauen entwickeln doppelt so häufig ein durch Medikamente hervorgerufenes Parkinson-Syndrom als Männer. Ältere Menschen mit vielen verschiedenen Medikamenten sind ebenso mehr gefährdet und auch Menschen mit Parkinson-Betroffenen in der Blutsverwandtschaft sind empfindlicher.

Was sollte man tun, wenn man durch ein Medikament Parkinson-Symptome entwickelt, z. B. ein Zittern?

Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt darüber. Vielleicht kann man die Dosis reduzieren oder das Medikament gegen ein anderes austauschen. Ein eigenmächtiges Absetzen des Arzneimittels ist nicht ratsam. Auch wenn Sie bereits Parkinson-Patient*in sind und unter einem Medikament eine Verschlechterung der Erkrankung bemerken, sollten Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin informieren und sich über mögliche Alternativen beraten lassen.

PDF zu Operationen bei Morbus Parkinson
Autor: Prof. Dr. med. Peter P. Urban, M.A.

L-Dopa und Dopaminagonisten

Welche Medikamente bei Parkinson?

Ein Grundbaustein der Behandlung ist die Medikation mit Levodopa und Dopaminagonisten. Jedoch gibt es weitere begleitende Therapieansätze, bis hin zu Operationen wie dem Hirnschrittmacher.

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Das Desitin Redaktionsteam besteht aus den Bereichen Medical Affairs und Product Management. Um Ihnen die besten Inhalte zu bieten, arbeiten wir zusätzlich mit Expertinnen und Experten zusammen. Das Team wird um ausgewählte Ärztinnen und Ärzte sowie Fachjournalistinnen und Fachjournalisten ergänzt. Diese schreiben regelmäßig für uns und bereichern desitin.de mit ihren fachlichen Beiträgen. Schreiben Sie uns bei Fragen auch gerne eine E-Mail an info@desitin.de.

Zu den Mitwirkenden


1 Liu, B., Fang, F., Pedersen, N. L., Tillander, A., Ludvigsson, J. F., Ekbom, A., ... & Wirdefeldt, K. (2017). Vagotomy and Parkinson disease: A Swedish register–based matched-cohort study. Neurology, 88(21), 1996-2002. https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000003961
2 Guerrero-Ferreira, R., Kovacik, L., Ni, D., & Stahlberg, H. (2020). New insights on the structure of alpha-synuclein fibrils using cryo-electron microscopy. Current opinion in neurobiology, 61, 89-95.
3 Conway, J. A., & Kramer, E. R. (2022). Is activation of GDNF/RET signaling the answer for successful treatment of Parkinson's disease? A discussion of data from the culture dish to the clinic. Neural Regeneration Research, 17(7), 1462. doi: 10.4103/1673-5374.327330
4 Morato Torres, C. A., Wassouf, Z., Zafar, F., Sastre, D., Outeiro, T. F., & Schüle, B. (2020). The role of alpha-synuclein and other Parkinson’s genes in neurodevelopmental and neurodegenerative disorders. International journal of molecular sciences, 21(16), 5724. https://doi.org/10.3390/ijms21165724
5 https://www.arznei-telegramm.de/html/1997_06/9706071_04.html. Abgerufen am 04.07.2023

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